Antrag / Anfrage / Rede
Antrag auf Vorverteilung von Jodtabletten an alle Haushalte im Landkreis
Sehr geehrter Herr Landrat Sailer,
Namens der ödp stelle ich folgenden Antrag:
Der Kreistag möge zur Gewährleistung einer zeitnahen Versorgung der Bevölkerung mit Kaliumiodidtabletten
bei radioaktiven Freisetzungen beschließen:
1. Hoch dosierte Jodtabletten werden
a. an alle Haushalte vorverteilt oder alternativ
b. alle Haushalte können kostenfrei in der Apotheke Jodtabletten abholen
2. Zumindest ist kurzfristig sicherzustellen, dass Jodtabletten in ausreichender Menge in allen Rathäusern
der Städte und Gemeinden im Landkreis vorgehalten und an alle Schulen und Kindergärten zur
Erstversorgung der Kinder und Jugendlichen, sowie Krankenhäusern und Alten- und Pflegeheimen
zur Vollversorgung vorverteilt werden.
3. Der Landkreis setzt sich dafür ein, dass alle Landkreisbürger typisiert werden, um festzustellen, für
welchen Personenkreis eine Jodblockade aus medizinischer Sicht nicht angeraten ist, und die ein
Ausweichpräparat erhalten .
4. Der Landkreis informiert die Bevölkerung über die Hintergründe der Maßnahme und den Sinn und
Zweck der Jodblockade.
5. Der Landkreis wirkt auf allen Ebenen darauf ein, dass der Schutz der Bevölkerung bundesweit entsprechend
verbessert und vor allen Dingen die vollkommen unsinnige 25-km-Grenze aufgehoben
wird.
Die Kosten der gesamten Maßnahme werden der Betreibergesellschaft Kernkraftwerk Gundremmingen
GmbH, Dr.-August-Weckesser Strasse 1, 89355 Gundremmingen als Verursacher der Gefährdung in
Rechnung gestellt.
Begründung:
Nicht nur wegen der im Raum stehenden, unverantwortlichen Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke
in unserem Land, sondern auch vor dem Hintergrund der akuten Terrorgefahr in Deutschland, bei dem
ein Atomkraftwerk wie Gundremmingen nicht als Ziel ausgeschlossen werden kann, hält die ödp im
Landkreis eine Vorverteilung von Jodtabletten für dringend erforderlich.
Um im Falle radioaktiver Freisetzungen die Anreicherung von radioaktivem Jod in der Schilddrüse zu
verhindern, ist die Aufnahme hochdosierten Jods erforderlich. Die Einnahme muss vor Eintreffen der
radioaktiven Wolke erfolgen. Gerade im Falle eines Terrorangriffes gibt es keinerlei Vorwarn- und Vorlaufzeit
zur Verteilung der Jodtabletten. Deshalb ist eine Bevorratung direkt in den Haushalten, zumindest
aber in den Städten und Gemeinden, Schulen, Krankenhäusern und Kindergärten unerlässlich, will
man den Begriff Vorsorge ernst nehmen. Das Bundeskriminalamt warnt vor bevorstehenden Terrorangriffen
und niemand weiß, ob ein Kernkraftwerk wie Gundremmingen im Fokus der Terroristen steht.
Ein neues Gutachten des Öko-Institutes Darmstadt weist teils drastische Sicherheitsmängel in Deutschen
AKW´s, speziell im AKW Biblis, aus. Die Bevölkerung ist ständig einer realen Gefahr ausgesetzt, auch
wenn diese gern verdrängt und totgeschwiegen wird.
Das Konzept der Bayer. Staatsregierung zur Bevorratung und Verteilung von Kaliumiodidtabletten, an
dem sich auch der Katastrophenschutz im Landkreis in weiten Teilen orientiert, widerspricht sich teilweise
selbst und ist keineswegs schlüssig. Wir als Landkreis müssen die Verantwortung für unsere Bürgerinnen
und Bürger ernst nehmen und die bestmögliche Vorsorge ergreifen.
Die Mängel des Konzeptes der Staatsregierung hier in Kürze:
1. Es wird von einer Vorlaufzeit ausgegangen, die im Falle eines Terrorangriffes nicht vorhanden ist.
2. Das Konzept unterstellt, in Schulen, Kindergärten und sogar Kliniken!! vorverteilte Jodtabletten
würden im Katastrophenfall nicht aufgefunden oder es könne die Ausgabe (an Patienten, Schüler,
Kindergartenkinder.....) nicht bewerkstelligt werden.
Ich darf hier doch unterstellen, dass das Personal in sämtlichen Einrichtung dazu in der Lage ist
verantwortungsbewusst mit Arzneimitteln umzugehen und diese entsprechend ausgeben zu können.
(Wir fordern die Vorverteilung an diese Einrichtungen nur für den Bedarf der Einrichtung selbst –
nicht für die gesamte Gemeinde !!)
3. Die 25-km Grenze (Radius um das AKW) ist vollkommen willkürlich und hat fatale Auswirkungen.
Außerhalb dieser Grenze haben nur noch Kinder bis 18 Jahren und Schwangere einen Anspruch auf
Jodtabletten. Alle anderen Personen gehen leer aus !! Diese Tabletten werden aus 7 Zentrallagern in
Deutschland per Hubschrauber eingeflogen und im Landkreis Augsburg anscheinend in Schwabmünchen
angeliefert und von dort über die Straße weiterverteilt.
Bezogen auf unseren Landkreis bedeutet dies z.B., dass in Bonstetten ein 19-jähriger Jodtabletten
erhält, in Adelsried dagegen geht dieser junge Mensch leer aus. Nur wenige km weiter soll also keine
Gefahr mehr drohen?? Dann gibt es Gemeinden, die an der 25-km Grenze liegen (oder wenige
Straßen innerhalb): Horgau, Adelsried, Heretsried. Ein Teil der Bevölkerung bekommt Tabletten,
der andere Teil wenige Straßenzüge weiter nicht??
Dies ist vergleichbar mit dem unter Punkt 2.2 des Konzeptes geschilderte Umstand.
Nachzusehen ist der Radius im Internet unter:
www.xzcute.comakw/kml/radien_gundremmingen.kml
Auch bei einem GAU in Gundremmingen wird sich die Strahlung nicht an einen 25 km-Radius halten.
Deshalb gehören Tabletten unabhängig von der Entfernung zum Reaktor verteilt, denn es gibt
neben Gundremmingen 11 weitere AKW-Standorte in Deutschland und nicht nur mit dem Pannenreaktor
in Temelin (Tschechien) auch im benachbarten Ausland Reaktoren, deren Freisetzungen
uns bedrohen können.
Eine von Greenpeace in Auftrag gegebene und vom Institut für Meteorologie an der Universität für
Bodenkultur in Wien berechnete Studie zur Ausbreitung der Radioaktivität (Super-Gau-Simulation)
nach einem Reaktorunfall in Deutschland belegt den Unsinn sowohl der 25-km als auch des 100-
km-Radius zur Jodtabletten-„Vorsorge“
www.fr-online.de/politik/riesige-gebiete-waeren-unbewohnbar/-/1472596/4678602/-
/index.html
4. Wenn es für Personen über 45 Jahre nicht ungefährlich ist diese Tabletten einzunehmen, dann darf
konsequenter weise die Abgabe nur mit Ausweiskontrolle erfolgen und dürften Tabletten z.B. für
Ehepartner etc. nicht mitgegeben, sondern ausschließlich persönlich abgegeben werden. Ein Ding
der Unmöglichkeit ! Dies ist auch bei uns im Landkreis nicht so geplant! Die Tablettenausgabe ist
bei den Feuerwehren sogar im Drive-in-Verfahren vorgesehen. (Näheres zum Ausschluss bestimmter
Personengruppen aus der Versorgung siehe Auszug aus einer IPPNW-Internetseite im Anhang).
Außerdem müsste dann bereits heute eine umfassende Aufklärung der Bevölkerung erfolgen, damit
es im Ernstfall zu keinem Fehlverhalten kommt.
Da im Katastrophenfall wohl eher mit einer Massenpanik zu rechnen ist dürfte ausgeschlossen sein,
dass sich die Ausgabe der Jodtabletten derart kontrollieren lässt. In einer Entfernung von mehr als
25 km wird es sich die restliche Bevölkerung nicht gefallen lassen von der Versorgung ausgeschlossen
zu werden (hier sollen nur Kinder bis 18 und Schwangere Jodtabletten erhalten).
Fakt ist für Jodtabletten für den atomaren Katastrophenfall im Moment:
· Jod kann zwar nicht vor allen Krankheiten schützen
· aber Jod schützt nur bei rechtzeitiger und hochdosierter Einnahme vor Schilddrüsenkrebs
· und Jod ist nicht für alle da und wird viele Menschen zu spät erreichen
Übrigens: Die vom Gesetzgeber eingeräumte Regelung, dass - wer sich selbst versorgen möchte, die
Tabletten auf eigene Kosten in der Apotheke kaufen kann, scheitert im akuten Notfall an den
nicht vorhandenen Vorräten in der Apothekenlogistik.
Weder in der Apotheke, noch beim Apothekengroßhandel sind die benötigten hochdosierten
Kaliumiodidtabletten erhältlich. Diese müssen von den Apotheken direkt beim Hersteller bezogen
werden!
Mit freundlichen Grüßen
Gabi Olbrich-Krakowitzer